22:22 gegen Österreich: Deutschland macht zu viele Fehler

Bildquelle: spn.de

Bei der Handball-EM 2024 präsentiert sich Österreich bisher als echte Überraschung. Anders als die Schweden, Dänen und Franzosen wurden sie im Vorfeld nicht als Favorit gehandelt. Doch dann warf das Außenseiter-Team Spanien aus dem Rennen – Jubel und Freudentränen unter den Spielern ließen nicht lang auf sich warten. Es folgte der sensationelle Sieg gegen Ungarn, das bisher absolute Dominanz bewiesen hatte.

Dennoch blickte Österreich dem Spiel gegen Deutschland respektvoll entgegen. „Die Überstärke der Deutschen steht mit Andy Wolff im Tor“, urteilte Rechtsaußen Robert Weber. „Der spielt ein überragendes Turnier.“ Sein Teamkollege Nikola Bilyk schloss sich an: „Ich weiß gar nicht, wann wir zuletzt im Handball gegen Deutschland gewonnen haben.“

Die Deutschen hatten große Lust auf ihre kampflustigen Nachbarn. Ein Grund dafür dürften die grenzwertig erscheinenden Kräfte des Nachbarlandes gewesen sein. Nach der ersten Sieben dünnt die Auswahl aus. Einige Kernspieler sind für einen österreichischen Sieg ein absolutes Muss – ein Fakt, der dem DHB zugutekommen dürfte. Der deutsche Linksaußen Lukas Mertens erklärte im Vorfeld: „Ich habe Bock. Es ist ein schöner Klassiker.“

Die ersten Minuten gehören den Torhütern

Trotz der prestigeträchtigen Begegnung startete die erste Halbzeit langsam. Beide Nationen ließen Gelegenheiten aus, die erste gelbe Karte kam früher als das erste Tor. In der vierten Minute fiel erst das 1:1. Und auch bei Andreas Wolff kam es schnell zum ersten Kunststück: Bei Robert Webers Siebenmeter schloss er den Torraum an der Hüfte. Der österreichische Torwart Constantin Möstl präsentierte sich zudem auf Augenhöhe mit Wolff. Nach acht Minuten Spielzeit standen beide Torhüter bereits bei vier Paraden.

Die Tabelle der Hauptrunden-Gruppe I

SPSUNTOREDIFF.PUNKTE
Frankreich5500174:1542010
Deutschland5212137:13705
Ungarn5203151:15104
Österreich5122132:138-64
Island5203142:152-104
Kroatien5113146:150-43
SP = Spiele / S = Siege / U = Unentschieden / N = Niederlagen / DIFF = Tordifferenz

Insgesamt spielte Deutschland mit einer interessanten Mischung aus Druck und Geduld, während Österreich unter der typischen Führung von Lukas Hutecek und Nikola Bilyk glänzte. Die Offensive ließ bei beiden Nationen zu wünschen übrig. Die deutsche Sieben ließ gute Möglichkeiten verstreichen, die österreichischen Versuche wurden derweil von Andy Wolff vernichtet. Die technischen Fehler ihrer Gegner zu nutzen, fiel den Deutschen aber sichtlich schwer.

Knapper Vorsprung für Österreich zur Halbzeit

Schließlich übernahm Juri Knorr die Führung und zeigte seinen Teamkollegen mit einem temporeichen Schlagwurf, wie ein richtiger Angriff aussieht. Einen zweiten Versuch Knorrs vereitelte Möstl, dessen Landsmann Tobias Wagner sorgte für das 5:7. Mit einem weiteren Tor ließ Bilyk die Führung auf drei Tore anwachsen.

Hauptrunden-Gruppe I Spiele-Übersicht

Datum / Uhrzeit
Heim
Gast
Ort
Ergebnis
18. Januar 2024
15:30 Uhr
Ungarn
Österreich
Lanxess Arena, Köln
29:30
Spielbericht
18. Januar 2024
18:00 Uhr
Frankreich
Kroatien
Lanxess Arena, Köln
34:32
Spielbericht
18. Januar 2024
20:30 Uhr
Deutschland
Island
Lanxess Arena, Köln
26:24
Spielbericht
20. Januar 2024
15:30 Uhr
Frankreich
Island
Lanxess Arena, Köln
39:32
Spielbericht
20. Januar 2024
18:00 Uhr
Ungarn
Kroatien
Lanxess Arena, Köln
29:26
Spielbericht
20. Januar 2024
20:30 Uhr
Deutschland
Österreich
Lanxess Arena, Köln
22:22
Spielbericht
22. Januar 2024
15:30 Uhr
Kroatien
Island
Lanxess Arena, Köln
30:35
Spielbericht
22. Januar 2024
18:00 Uhr
Frankreich
Österreich
Lanxess Arena, Köln
33:28
Spielbericht
22. Januar 2024
20:30 Uhr
Deutschland
Ungarn
Lanxess Arena, Köln
35:28
Spielbericht
24. Januar 2024
15:30 Uhr
Österreich
Island
Lanxess Arena, Köln
24:26
Spielbericht
24. Januar 2024
18:00 Uhr
Frankreich
Ungarn
Lanxess Arena, Köln
35:32
Spielbericht
24. Januar 2024
20:30 Uhr
Deutschland
Kroatien
Lanxess Arena, Köln
24:30
Spielbericht

Wolff, der für die Deutschen den Rettungsring spielte, wurde letztlich von Robert Weber bezwungen. Für das 7:11 sprang der Rechtsaußen beidbeinig ab und schmuggelte das Leder mit einem Gegendreher am deutschen Keeper vorbei. Doch Mertens und Köster begannen sofort mit einer Aufholjagd. Die gelang auch dank deutscher Überzahl: Zur Halbzeit stand es 11:12.

Andreas Wolff hält Deutschland im Spiel

Zu Beginn der zweiten Halbzeit konnten die Deutschen den Vorsprung schnell ausgleichen. Einen Hüftwurf von Hutecek blockte Julian Köster. Den Versuch der Österreicher, in Führung zu gehen, bestrafte Juri Knorr mit einem Denkzettel. Unten links schlug der Ball nach einem Sprungwurf im Tor ein, dann folgte ein Treffer von Timo Kastening. Weiter ging es mit zahlreichen österreichischen Toren und verpassten deutschen Chancen. Schon bald lautete der Stand wieder 15:18, selbst in der Überzahl gelang den Deutschen kein freier Wurf mehr.

„Ihre Verteidigung war großartig und ihr Torwart war natürlich fantastisch. Ich bin auch mit unserer Verteidigung und unserem Torwartspiel zufrieden. Aber in der Offensive haben wir 23 Schüsse verfehlt, die meisten davon sogar klar, und deshalb hatten wir diese großen Probleme. Wenn man sich das Spiel anschaut, können wir mit diesem einen Punkt wirklich zufrieden sein. Am Ende hatten wir die Chance zu gewinnen, aber das wäre unfair gewesen.“

Bundestrainer Alfred Gislason

In der folgenden Auszeit sprachen sich die deutschen Spieler gegenseitig Mut zu. Die Fans wussten derweil, wer ihr Favorit war: „Wir brauchen Wolff“ und „Andy“ war von den Tribünen so laut zu hören wie nie. Gleichzeitig zeigte Constantin Möstl mit einer Fangquote von 50 Prozent eine ähnliche Spitzenleistung wie Wolff. Vielleicht war es diese Augenhöhe, die die Deutschen zusätzlich verunsicherte.

„Nur ein Punkt war eindeutig nicht unser Ziel, wir haben nicht gut gespielt, unsere Offensive war nicht gut. Auf der anderen Seite spielte Österreich mit vollem Selbstvertrauen, das mit der Zeit sogar noch zunahm. Ich denke, ohne die Fans hätten wir wahrscheinlich keinen Punkt mitgenommen. Aber so ist es und wir müssen jetzt nach vorne schauen.“

Nationalspieler Julian Köster

Neben Möstl war auch Robert Weber nicht zu stoppen und netzte zum 15:19 ein. Ein sehr leichtes Tor von Martin Hanne schien eine Einzelaktion zu bleiben, kurz darauf verwarf Kastening einen Siebenmeter. Was den Deutschen blieb, war die Kraft, die sie aus der Verzweiflung generierten. Juri Knorr erzwang immer wieder seine Treffer, der Youngster legte richtig Tempo vor und passte stets den richtigen Moment ab. Auch in der Abwehr stimmte alles. Dreimal wollte sich Nikola Bilyk vorbeikämpfen, dreimal scheiterte er. Es keimte die eine Frage: Gelingt den Deutschen hier noch ein Handballwunder?

Gerechtes Unentschieden am Ende

Die letzten Minuten des Spiels ähnelten einem Krimi. Als wollten sie nostalgisch auf den Spielbeginn zurückblicken, begannen beide Teams wieder, ihre Möglichkeiten zu verschenken. Gleichzeitig war der Kampfgeist größer denn je. Das letzte Tor Vorsprung wollten die Deutschen unbedingt ausgleichen. Und das schaffen sie trotz Unterzahl: Aus über neun Metern schlug Christoph Steinert den Ball in die Maschen, der verfehlte Freiwurf von Sebastian Heymann änderte nichts mehr am Spielstand. So endete die Partie mit einem für beide Mannschaften verdienten 22:22.

„Es ist im Moment ein bisschen verrückt, ich glaube, wir haben 50 Minuten lang fast perfekt gespielt, aber dann hatten wir Probleme mit der Offensive. Zum Glück war die Verteidigung großartig und wir haben nicht so viele Tore kassiert. Es fühlt sich eher wie ein kleiner Traum an, wir haben so viel Selbstvertrauen, dass uns nicht viel erschüttern kann.“

Österreichs Nationaltorhüter Constantin Möstl

Am nächsten Spieltag der Hauptrunde muss sich das deutsche Team gegen Ungarn beweisen. Mit einem Andreas Wolff in ähnlicher Form wie heute, könnte dabei ein Sieg möglich sein. Dasselbe gilt für Österreich. Constantin Möstl und seine starken Mitspieler werden das Spiel gegen Frankreich sicher nicht zu einem Spaziergang für die Franzosen werden lassen.

Die Highlights des Spiels im Video

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Mehr Informationen

Aufstellung und Tore

Deutschland: Späth, Wolff; Knorr (6), Kastening (4), Golla (3), Köster (3), Mertens (2), Dahmke (1), Häfner (1), Hanne (1), Steinert (1), Heymann, Lichtlein, Uscins, Weber, Fischer, Kohlbacher

Österreich: Eichberger, Häusle, Möstl; Bilyk (5), Frimmel (3), Hutecek (3), Wagner (3), Weber (3), Zivkovic (3), Herburger (1), Mahr (1), Belos, Bozovic, Kofler, Mahr, Miskovez, Kofler, Miskovez, Mittendorfer, Damböck, Nigg

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