Eine große Persönlichkeit des deutschen Handballs kehrt überraschend in die Bundesliga zurück. Martin Schwalb, einst erfolgreicher Trainer des HSV Hamburg, unterschrieb beim Tabellenletzten HC Erlangen einen Vertrag bis 2026. Die Bayern aus der Metropolregion Nürnberg sind mit vier Niederlagen in Folge schlecht in die Saison gestartet. Nun erhoffen sie sich von Schwalbs Erfahrung einen Neuanfang. Für den neuen Trainer muss Johannes Sellin seinen Posten räumen. Er bleibt dem Verein aber erhalten.
„Der HC Erlangen sah nach dem schwachen Abschluss der Rückrunde der letzten Saison, der wenig überzeugenden Vorbereitung und dem schlechten Saisonstart trotz des engagierten Auftritts in Berlin seine Saisonziele gefährdet“, teilte der Verein am Dienstag mit. Der ehemalige Erlanger Steffen Fäth zeigte sich von der Entlassung Sellins überrascht, „dass das jetzt so schnell ging und man ihm da echt wirklich wenig Zeit gegeben hat.“ Der ehemalige Nationalspieler Sellin hatte mit seinem Team in der Vorsaison nur knapp den Klassenerhalt in der Bundesliga geschafft, nachdem er erst im April als Cheftrainer installiert worden war.
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Martin Schwalb gegen Gummersbach schon auf der Bank
Der HC Erlangen hat unter der Leitung von Rechtsanwalt Carsten Bissel, dem Vater von Manuel Neuers Ehefrau Anika, seit seiner Übernahme im Herbst 2010 einen steilen Aufstieg hingelegt. Kurz vor der Insolvenz gerettet, wurde Erlangen nach und nach zu einer festen Größe in der Handball-Bundesliga. 2022 erreichte die Mannschaft das Final Four im DHB-Pokal, ihr bisher größter Erfolg. Mit Christoph Steiner, Antonio Metzner und Tobias Wagner stehen prominente Spieler im Kader. Sie konnten aber zuletzt den Absturz auf den letzten Platz der HBL auch nicht verhindern.
Steckbrief von Martin Schwalb
TSG Oßweil (1980-1982) Frisch Auf Göppingen (1982-1984) TV Großwallstadt (1984-1988) TUSEM Essen (1988-1990) SG Wallau/Massenheim (1990-1998) HC 93 Bad Salzuflen (1999) |
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HSG Wetzlar (2005) HSV Hamburg (2005-2011) HSV Hamburg (2012-2014) Rhein-Neckar-Löwen (2020-2021) HC Erlangen (2024-) |
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5 x DHB-Pokal-Sieger (3 x als Spieler, 2 x als Trainer) 3 x Deutscher Supercup-Sieger (als Trainer) 2 x Europapokal der Pokalsieger (als Spieler und Trainer) IHF-Pokal 1992 (als Spieler) Champions League-Sieger 2013 (als Trainer) Handballer des Jahres 1996 2 x Trainer des Jahres (2000 und 2010) 193 Länderspiele (594 Tore) |
Hatte der Club im Sommer noch mit etwas Glück den Klassenerhalt geschafft, steht er nach Niederlagen gegen Flensburg-Handewitt, Eisenach, Stuttgart und Berlin bereits zu Saisonbeginn auf einem Abstiegsplatz. Nun hat man frühzeitig die Reißleine gezogen. Bereits am Mittwochabend im Pokal-Heimspiel gegen den VfL Gummersbach wird Martin Schwalb auf der Erlanger Trainerbank Platz nehmen und den bisherigen Coach Johannes Sellin ins zweite Glied zurückdrängen. Schwalb, Handballer des Jahres 1996, war das letzte Mal im Sommer 2021 für die Rhein-Neckar-Löwen in der Bundesliga verantwortlich.
Martin Schwalb: Erfolgreichste Zeit beim HSV Hamburg
Seine zweifellos erfolgreichste Zeit hatte der heute 61-Jährige beim HSV Hamburg, mit dem er zahlreiche Titel gewann. Als Spieler war der gebürtige Stuttgarter im rechten Rückraum zu Hause. Zudem ist er ist mit 2.272 Toren bis heute der fünftbeste Torschütze der Bundesliga-Geschichte. Seine Trainerlaufbahn begann Schwalb 1998 bei der SG Wallau/Massenheim. Hier war er sieben Jahre lang tätig war und gewann als Spieler Meisterschaften. Nach einer kurzen Zwischenstation bei der HSG Wetzlar startete Schwalb sein Jahrzehnt beim HSV.
Meister der Handball-Bundesliga seit 2015
Mit den Hanseaten gewann der extrovertierte Coach 2011 die deutsche Meisterschaft und 2013 die Champions League. Bereits 2000 und 2010 war Schwalb zum Trainer des Jahres gewählt worden. Nach einem Herzinfarkt 2014 trat der damals 51-Jährige kürzer und kehrte 2016 als Vizepräsident nach Hamburg zurück. Von Februar 2020 bis Juni 2021 war Schwalb Cheftrainer der Rhein-Neckar-Löwen. Er belegte mit seinem Team in der EHF European League den dritten Platz. In den vergangenen Jahren ist Martin Schwalb wie etwa Stefan Kretzschmar oder Bob Hanning zu einem Gesicht des Handballs geworden, das sich meinungsstark für Verbesserungen einsetzt.