Ein echtes Wechselbad der Gefühle erlebten die Zuschauerinnen und Zuschauer am Dienstagabend in der Wolfsburger Volkswagen Arena. Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat nach einem blassen ersten Durchgang und einem zwischenzeitlichen 0:1-Rückstand ein deutliches 6:1 gegen Schottland gefeiert. Dabei hat das Team eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie gefährlich die Offensive in Bestform sein kann. Selina Cerci war mit einem Hattrick die Spielerin des Abends, Giovanna Hoffmann glänzte als Joker mit einem Doppelpack. Der Sieg festigt nicht nur die Tabellenführung in der Nations League. Er sendet auch ein Signal Richtung EM im Sommer – wenn auch mit einem kleinen Wackler.
Dabei hatte nichts auf eine überraschende Wendung hingedeutet. Nach dem souveränen 4:0 im Hinspiel in Dundee war vielmehr ein ähnlich einseitiges Spiel im Rückspiel erwartet worden. Nach der Verabschiedung der langjährigen Nationalspielerinnen Almuth Schult und Lina Magull präsentierte sich das Team von Bundestrainer Christian Wück in der ersten Halbzeit ungewohnt fahrig und defensiv anfällig. Drei Wechsel in der Startelf – Selina Cerci, Sydney Lohmann und Laura Freigang ersetzten Linda Dallmann, Sjoeke Nüsken und Klara Bühl – brachten zunächst keine Impulse. Schottland trat mutig auf, störte früh, und die DFB-Frauen fanden kaum einen Weg durch das dichte Mittelfeld der Gäste.
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DFB-Frauen drehen nach der Pause gegen Schottland auf
Die Fehlerkette vor dem 0:1 war sinnbildlich für das deutsche Spiel in Halbzeit eins. Elisa Senß verlor den Ball im Aufbau, Ann-Katrin Berger wehrte einen Schuss unzureichend ab, Senß stolperte beim Klärungsversuch und Caroline Weir musste aus kurzer Distanz nur noch einschieben (40.). Ein verdienter Lohn für die mutige Leistung der Schottinnen, die zuvor durch Claire Emslie und erneut Weir mehrfach gefährlich vors Tor gekommen waren.
UEFA Women's Nations League
Liga A, Gruppe 1
SP = Spiele / S = Siege / U = Unentschieden / N = Niederlagen / DIFF = Tordifferenz
Mit Wiederanpfiff stellte sich das Bild komplett um. Bundestrainer Christian Wück reagierte zur Pause, brachte Giovanna Hoffmann und Sarai Linder für Lea Schüller und Franziska Kett. Es sollte ein Doppelwechsel mit maximaler Wirkung werden. Nur sechs Minuten später traf Cerci per Kopf zum Ausgleich nach einer Ecke von Giulia Gwinn (51.). Nur fünf Minuten später legte sie nach, staubte nach einem Lattentreffer von Hoffmann mit dem Schienbein zum 2:1 ab (56.). Der Knoten war geplatzt, die deutschen Fußball-Frauen spielten nun wie entfesselt.
Deutschland könnte im Juni den Gruppensieg perfekt machen
Besonders die eingewechselte Giovanna Hoffmann ließ die Defensive der Schottinnen innerhalb von zwei Minuten verzweifeln. Erst traf sie nach feinem Pass von Lohmann (63.), dann nach Vorarbeit von Jule Brand – der abgefälschte Schuss landete unhaltbar im Netz (65.). Laura Freigang erhöhte nur zwei Minuten später mit einem Hackentor der Extraklasse auf 5:1 (67.). Und als wäre das nicht genug, vollendete Cerci ihren Hattrick mit einem trockenen Abschluss aus 15 Metern nach sehenswerter Vorarbeit von Nüsken und Freigang (76.). Die Gäste waren in dieser Phase komplett überfordert, konnten dem Powerplay des DFB-Teams nichts mehr entgegensetzen. Auch wenn es noch Chancen auf ein siebtes Tor gab, etwa durch Brand (86.), blieb es beim höchsten deutschen Sieg gegen Schottland aller Zeiten.
„In der ersten Halbzeit hat nicht viel ineinandergegriffen. In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir uns mit einem 2:1 oder 3:1 nicht zufrieden geben, sondern immer mehr wollen.“
Nationalspielerin Giulia Gwinn
Trotz des klaren Ergebnisses wird die erste Halbzeit dem Trainerteam einige Hausaufgaben hinterlassen. Die wacklige Defensive, die fehlende Struktur im Spielaufbau und der langsame Start könnten gegen stärkere Gegner problematisch werden. Dies insbesondere im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft in knapp drei Monaten. Zuvor aber steht der Showdown in der Nations League an. Am 30. Mai empfängt Deutschland in Bremen die Niederlande, bevor es am 3. Juni zum Abschluss nach Österreich geht. Vieles deutet darauf hin, dass in Bremen der Gruppensieg entschieden wird.
Tore:
0:1 Caroline Weir (Schottland), 40. Minute
1:1 Selina Cerci (Deutschland), 51. Minute
2:1 Selina Cerci (Deutschland), 56. Minute
3:1 Giovanna Hoffmann (Deutschland), 63. Minute
4:1 Giovanna Hoffmann (Deutschland), 65. Minute
5:1 Laura Freigang (Deutschland), 67. Minute
6:1 Selina Cerci (Deutschland), 76. Minute